Meletta 2021

Meletta 2021

Am 6. Juni 2021 wurde der 105. Gedenktag von Monte Meletta-Fior gefeiert. Die Veranstaltung fand am Soldatennfriedhof in Lebring statt. Aus Österreich waren die Vertreter der österreichischen Armee und der Lokalregierung, Bürgermeister der Stadt Lebring, die Vertreter der österreichische BosnierInnen, sowie italienische Delegation, anwesend.

Die Rede von Oberst i.R. Wolfgang Wildberger, Präsident der Österreichisch-Bosnischherzegowinischer Gesellschaft:

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir gedenken heute auf diesem Friedhof des ehemaligen Ausbildungslagers des k.u.k. b.h. InfR Nr.2 der heldenhaften Erstürmung des Monte Meletta-Fior auf der Hochfläche der Sette Comuni, also der Sieben Gemeinden am 7.Juni 1916. Dieses Ereignis wurde schon mehrmals hier bei den diversen Meletta-Gedenken gewürdigt. 206 Angehörige des b.h. 2 fanden bei diesem Angriff bergauf gegen überlegene Feindkräfte von Alpini und aus Sardinien den Heldentod. Die Opfer auf Seiten der sich verbissen wehrenden und noch bis in den 8.Juni hinein gegenangreifenden Italienern waren noch weit höher. Es war dies ein furchtbar opfervoller Erfolg der „Bosniaken“, wie damals alle Bosnier bezeichnet wurden, der nur als verschworene Gemeinschaft durch blindes gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Unterstützung quer durch alle Entitäten und Religionen erreicht werden konnte! Das wäre auch die Botschaft für das Heute!

Aber diesmal möchte ich das Augenmerk mehr auf Einzelschicksale von Angehörigen dieses innerhalb der gesamten österreichisch-ungarischen Armee meistausgezeichneten Regiments richten, um zu zeigen, was so ein Krieg bewirken kann und weshalb ein solcher von den Politikern unter allen Umständen verhindert werden muss. Aber wie schaut die Realität aus?

„Ich bin von vielen Politikern oft enttäuscht worden, aber nie von den Menschen in Bosnien-Herzegowina“, sagte Valentin Inzko vor ein paar Tagen in einem Interview, der seine nunmehr 12-jährige Funktion als Vertreter der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina mit 1.August beenden wird. Und er meinte weiter: „Die beeindruckendste Persönlichkeit in Bosnien ist der Bürger!“ Und er nennt auch gleich ein paar Beispiele, so den Muslim Hasan Ahmetlić, der in Tešanj auf eigene Faust eine katholische Kirche renovieren ließ. Oder serbische Nachbarn in Trebinje, die spontan eine am Vortag beschmierte Moschee gereinigt haben. Und erst recht die Schüler von Jajce, die eine von den Politikern geplante Trennung eines Gymnasiums nach Volksgruppen verhindert haben. Ich frage mich, hören die Politiker in BiH nicht in ihre Landsleute hinein? Warum müssen sie den Konflikt immer am Köcheln halten? Sie werden ihre Gründe haben! Sie selber stehen in einem Krieg ja nie an vorderster Front.

Wie es aber denen ergehen kann, die dort Leben und Gesundheit riskieren, sieht man auch am Beispiel folgender Zweierbosniaken:

Wie schon erwähnt war das bh 2 das meistausgezeichnete Regiment innerhalb der Alten Armee. Unter den vielen Ausgezeichneten gab es auch einen Träger der höchsten Tapferkeitsauszeichnung, des Militär-Maria-Theresien-Ordens. Es war dies Hptm Gojkomir Glogovac. Glogovac, geboren 1883 als Sohn aus einfachem Haus in Bileća in der Nähe der montenegrinischen Grenze schaffte es durch Fleiß und zähe Willenskraft in die Infanteriekadettenschule nach Marburg und wurde 1904 zum bh2 ausgemustert. Er war also einer der ganz wenigen Offiziere, der tatsächlich aus BiH stammte. Er wurde beim III.Bataillon eingeteilt mit Garnisonsort Banja Luka. Das III.Baon eines fast jeden Regiments war für die Grundausbildung im Ergänzungsbezirk zuständig. Daher ging es nicht mit Kriegsbeginn mit den anderen drei Bataillonen von Graz aus zusammen mit dem IR 27 im Rahmen des III.Korps auf den russischen Kriegsschauplatz ab, um dort bei der verlorenen Schlacht von Grodek die Feuertaufe zu erleben, sondern es wurde im Rahmen der 12.Gebirgsbrigade bei der Invasion nach Serbien hinein eingesetzt. Diese sog. Strafexpedition für die Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand endete bekanntlich zunächst mit einem herben Rückschlag und konnte erst im Jahr 1915 mit Hilfe des deutschen Bündnispartners erfolgreich zu Ende geführt werden.

Die Waffentat, die Glogovac zum Theresienritter machte und ihm sogar die ungarische Baronie, also den Freiherrn-Titel einbrachte, geschah am 26.November 1914. Kurz geschildert – Olt Glogovac war Kdt der MG-Abteilung des III.Baons/bhIR2. Ein Angriff der Serben brachte die 10.GebBrig dazu, sich zurückzuziehen. Glogovac war mit seiner MGAbt an der Schnittstelle zwischen seiner 12.GebBrig und der 10.GebBrig eingesetzt. Sein 2.MG war technisch ausgefallen, mit seinem verbliebenen MG und drei Mann mit Mun bezog er eine Flankenstellung, ließ zunächst die 1.Welle der Serben vorgehen und begann mit dem MG zu feuern, sobald die 2.Welle erschien. Ein fürchterliches Chaos unter den Serben mit Flucht nach Rückwärts war die Folge. Die 10.GebBrig kehrte unverzüglich in die alten Stellungen zurück. Der Durchbruch der Serben war verhindert.

Auch am Monte Meletta zeichnete sich der inzwischen zum Hptm beförderte Glogovac als Kdt einer Sturmtruppe besonders aus. Nach dem Krieg wurde er, nunmehr heimatzuständig im neuen SHS-Staat, wie Jugoslawien damals hieß, in die dortige Armee aufgenommen, man brauchte halt erfahrene Offz, auch wenn sie vorher auf der anderen Seite standen. In seiner Kurzbiografie kann man lesen, dass er dort nicht bodenständig wurde, es vorzog, nach Österreich und später nach Ungarn zu ziehen. Da er in diesen beiden Ländern nicht in die Armee aufgenommen werden konnte, da er ja kein Staatsbürger war, versuchte er sich im Handelsberuf, wurde bald schwer lungenkrank und verstarb bereits am 1.März 1922 in Budapest. (Ergänzung ….)
Ein anderer bewährter Offz des bh.2 war Rudolf Ritter von Jedina. Geboren 1886 in Sebenico/ Šibenik als Sohn eines Marineoffiziers, besuchte er die Theresianische Militärakademie und wurde 1906 zum bh2 ausgemustert. Er machte im Rahmen des III.Baons mehrere Schlachten und Gefechte an der Isonzo-Front mit. Am 21.Juli 1916 wurde er im Zuge eines Sturmangriffs durch einen Kopfschuss so schwer verwundet, dass er das Augenlicht verlor. Dennoch ließ er sich nicht unterkriegen, blieb eine Zeitlang im Lehrkörper der MilAk, studierte Jus, promovierte in Graz, wurde in der 1.Republik als Major im Stand der Heeresschule Wien belassen, aber zur 5.Brigade in Graz dienstzugeteilt. 1924 wurde er noch zum Oberstleutnant befördert und danach in den Ruhestand versetzt. Er starb 1948 in Graz.

Aber nicht nur ihm hat der Krieg übel mitgespielt, sondern auch seinem treuen Burschen, dem Offiziersdiener Ostoja Stojancić. Und das kam so: Jedina hatte im Rahmen des III.Baons/bh2 in der Nacht vom 27.auf den 28.Juni 1915 mit seiner 10.Kp auf der Höhe der Plava am Isonzo unbemerkt vom Feind eine Ablösung vollzogen. In der darauffolgenden Nacht führten wieder einmal die Italiener einen schon erwarteten Angriff durch. Jedina hatte befohlen, das Feuer erst auf Kommando zu eröffnen. Als sich die Angreifer mit Masse im Stacheldrahtverhau verhangen hatten, eröffnete die Kp aus etwa 250 Gewehren das Feuer. Der Angriff wurde abgewehrt. Kurz zuvor, die Italiener schossen immer wieder mehr oder minder unkontrolliert in Richtung der Bosniaken, weshalb alle Deckung suchten, spürt Hptm von Jedina ein leichtes Zupfen am Ärmel. Als er sich umblickt, sieht er den Hornisten Tomasević, der ihm mit Hilfe einer Stange seinen Wetterkragen zuschiebt. Auf seinen fragenden Blick ruft ihm der Hornist mit unterdrückter Stimme zu, dass bei Beginn des Regens sein Offiziersdiener, der Ostoja, ihm seinen Wetterkragen bringen wollte. Er liegt aber jetzt schwer verwundet hinter einem Felsen. Jedina hängt sich wortlos den blutbespritzten Wetterkragen um, denkt sich, „das war überflüssig“ und schickt einen Krankenträger zum Verwundeten. Nach dem erfolgreichen Gefecht und der bald erfolgten Ablöse besuchte der KpKdt die Brigade-Sanitätsanstalt bei Gargaro, wo der Verwundete untergebracht war. Der diensthabende Arzt erzählte ihm zuvor, dass sein Offz-Diener einen Schuss in den Unterleib erhalten habe, was sich vermutlich lebenslänglich auswirken dürfte. Auf die Frage des Offz an seinen Pfeifendeckel, ob es denn wirklich nötig war, ihm aus der sicheren Reservestellung den Wetterkragen nach vorne zu bringen, antwortete der treue Bosniak: „Du (die Bosniaken kannten nur das „Du“) Du hast schon seit einigen Tagen schwer gehustet und ich hab doch der Milostiva (Gnädigen Frau) beim Abmarsch in Banja Luka versprochen, auf dich zu schauen.“

Das waren drei Schicksale von drei Angehörigen des k.u.k. b.h.IR2, die durch den Krieg schwer geschädigt wurden. Man kann natürlich sagen, die haben wenigstens überlebt. Die hier auf diesem gepflegten und mit Informationstafeln bereicherten Friedhof liegenden Bosniaken aller Religionen sowie auch andere Soldaten aus Österreich-Ungarn, Italien und Russland, denen hat der Krieg überhaupt ihr meist junges Leben genommen.

Daher mein Appell: Setzen wir uns immer wieder dafür ein, dass es nie wieder zu all den fürchterlichen Folgen kommt, die ein Krieg mit sich bringt! Getreu dem Motto des Österreichischen Schwarzen Kreuzes – ARBEIT FÜR DEN FRIEDEN!

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